STV-Logo

Ein Sommernachtstraum

Ideen zur Inszenierung | Zum Inhalt | Mitwirkende

Premierenfoto

Zum Inhalt

von Karl-Heinz Thomas

Endlich Frieden – und zwei Menschen die ursprünglich feindlich einander gegenüber standen, wollen jetzt heiraten. Doch nicht nur sie allein bewegen sich auf Liebespfaden; Zwei arglose Menschenpärchen aus ihrem Bekanntenkreis verirren sich nachts im Wald, weil sie und jeder für sich mit seinen/ihren Gefühlen nicht klarkommt. Dort werden sie von dem Naturkönig Oberon und seiner Frau Titania, die auch so ihren Liebeskummer und ihre Liebesprobleme haben, eine Nacht lang an der Nase herumgeführt – ebenso wie einige wackere Handwerkersleute, die – auch sie nicht zufällig an diesem Ort – in das Geschehen geraten.

Doch es ist eine Komödie: alles löst sich zur Zufriedenheit der Akteure und natürlich auch der Zuschauer positiv auf. Ob allerdings die Frage nach der Identität im Dasein, in der Liebe und im Leben geklärt wird, möge der Zuschauer entscheiden.

Shakespeare in Love

Shakespeares "Sommernachtstraum", sein komödiantisches Highligt voller Erotik und Sinnenfreude, Phantasie und Wahn in all ihrer Komplexität, ein Verwirrspiel um Liebesdinge und Eifersüchteleien, Suche nach den Bedingungen einer idealen Liebe, nach den Grenzen, nach der Legitimation von Gefühl und Vernunft!

Und das gespielt von Laien zwischen 58 und 11 auf der Amateurtheaterbühne?

Na klar! Denn es bedeutet nicht, einen dramaturgischen Gott vom Sockel zu holen oder sich an ihm zu vergreifen, sondern im eigentlichen Sinn des Wortes "Theater" zu machen. Theater in der konkreten Auseinandersetzung mit Shakespeare erscheint (nach P. Zadek) als die augenfälligste Möglichkeit, offizielle und inoffizielle Funktionen des Theaters mit Aspekten der Kreativität, des Spiels und des Vergnügens – für Zuschauer und Akteure, aktiv und passiv – zu verbinden.

Und genau das geschieht hier in Stockum: nämlich der Versuch, im Theater auf den Spuren jenes Initiators zu wandeln, der die (gesellschaftlichen und andere) Widersprüche im Spiel bewußtgemacht hat, der dem Spiel zwar dramaturgische Grenzen setzte, sie aber gleichzeitig für Akteure und Zuschauer sehenden Auges aufhob, der einerseits die Zeitlosigkeit und Phantasie in den Vordergrund rückte, andererseits aber die menschlichen Aktivitäten und Möglichkeiten in ihre kreatürlichen Schranken wies.

Shakespeare setzte die Pflöcke, die da heißen: Grenzen sprengend erkennen und über den Tellerrand schauen, Möglichkeiten ausloten, sie aber letztendlich trotzdem als typisch menschliche Vorgabe akzeptieren, nicht zuletzt aber sich den eigenen Hoffnungen, Ängsten und Träumen auszusetzen.

Von diesen Widersprüchen, dieser Ambivalenz lebt das Theater – erst recht das Amateurtheater, denn was eine fast omnipotente Illusionstechnik in Musicalzentren vermag, das wird hier dem Zuschauer zugemutet: zu erkennen, dass nicht ein "deus ex machina" oder der große Zampano die Probleme löst, sondern dass alles natürlich, menschlich abläuft – mal mehr oder mal weniger gelungen.
"…Das Wunder von Shakespeares Stücken besteht darin, dass die Figuren in all ihrer Komplexität vor uns stehen, sobald sie ihren Mund öffnen, und dass die Dramen nicht einfach eine Geschichte erzählen, sondern die Samen von hunderten von möglichen Geschichten in uns aussäen. (…) Bei Shakespeare spielt es keine Rolle, wie die Figuren aussehen, was sie tragen, wo sie wohnen. Aus diesem Grund können Shakespeare-Inszenierungen in jeder Zeit spielen oder in keiner, an jedem Ort oder nirgendwo. Dies ist kein Zeichen dafür, dass die Dramen arm sind, sondern es beweist, wie lebendig sie sind." (G. Jasipovici, FAZ vom 2000-04-19).

Shakespeare in Stockum und anderswo ist einer der sich seit gut 400 Jahren ständig wiederholenden Versuche – und hier eindrucksvoll verstärkt durch die musikalische und tänzerische Ausgestaltung bestimmter Szenen – Widersprüche zwischen der Phantasie und Realität aufzudecken, Grenzen zu sprengen und – in aller Bescheidenheit – einen Blick auf ein Land zu werfen, das nur unserer Phantasie zugänglich ist.


Ideen zur Inszenierung | Mitwirkende | Zurück zur Theaterfundus-Startseite
Kontakt: Theaterforum
2006-08-21