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Die Boskop-Menschen (homo capensis) wußten zuviel: ausgestorben.

Mit dem Programm MeMaker aus Ubuntu Linux kann man wundervolle paläoanthropologische Rekonstruktionen anfertigen, die nur wenig realitätsferner als andere derzeit populäre Abbildungen sind.
Auf Slashdot erschien heute ein Artikel über 1913 in Boskop (auch: Boskoop; Transvaal, Südafrika) entdeckte Schädelfragmente, aus denen sich alienhafte Hominiden mit 2-Liter-Gehirnen, einem IQ von 150, großen Augen und kindlichen Gesichtern rekonstruieren ließen. Bis in die Dreißigerjahre wurde diese Idee einer intelligenten ausgestorbenen Hominidenart weitergesponnen, doch um die Mitte des 20. Jahrhunderts schließlich nach vielen weiteren Untersuchungen als unhaltbar begraben.

Im letzten Jahr allerdings tauchte auf den Bestsellerlisten das Buch "Big Brain: The Origins and Future of Human Intelligence" der beiden Neurowissenschaftler Gary Lynch und Richard Granger auf, in dem diese Geschichte wiederaufgekocht wurde, und nun geistern die großäugigen hyperintelligenten Wilden (mutmaßlich schweiflos, nicht blau und kleiner als drei Meter) wieder munter durch Blogs und Magazine.

Der Paläoanthropologe John Hawks sah sich durch die Popularität dieser alten Hypothesen veranlasst, die Geschichte des "Boskop-Menschen" noch einmal aufzurollen. In seinem Blog beschreibt er die Umstände der ersten Funde, die Ableitung des Hirnvolumens aus der Knochendicke (für mehr war nicht genug Material greifbar) und die in der Folge statistisch zweifelhafte Methode, große Schädelfunde dem Boskopmenschen "homo erectus capensis" (auch "telanthropus capensis") zuzuordnen und kleinere Funde dem frühen homo sapiens oder homo erectus.
But that view is unsupportable -- in fact, what happened is that a small set of large crania were taken from a much larger sample of varied crania, and given the name, "Boskopoid." This selection was initially done almost without any regard for archaeological or cultural associations -- any old, large skull was a "Boskop".

Erstaunlicherweise gibt es noch kaum deutschsprachige Artikel zu dem Thema. Ich bin ja mal gespannt, welche Welle der Slashdot-Artikel nun wieder durch die Blogs zieht.

www.schlangenfarm-deutschland.de im Schulbuch führt zu Dating-Reklame

Die Seite www.schlangenfarm-deutschland.de besteht ausschließlich aus Werbelinks und Popups.
"Papa, gib mal 'www.schlangenfarm-deutschland.de' ein!", sagt die Tochter. Wie kommt sie denn auf so eine merkwürdige Idee? Es gibt keine nationale Schlangenfarm in Deutschland. Wer registriert wohl so einen kuriosen Domainnamen? Ich tippe www.schlangenfarm-deutschland.de in die Adressleiste des Browsers ein – und lande auf einer mit Werbung zugepflasterten Seite ohne jeden eigenen Inhalt. Firefox signalisiert dezent, dass er gerade ein Popupfenster blockiert hat. Ich schalte Adblock Plus aus, lade die Seite nochmal und sehe mir das Popup an, das im Stile einer Privatsender-Gewinnshow daherkommt. "Woher hast Du denn diese seltsame Adresse?" frage ich die Tochter und sie zeigt mir – Seite 87 in ihrem Lesebuch "Bausteine 3" aus dem Diesterweg-Verlag. Dort ist eine Webseite im Microsoft Internet Explorer (auch das noch!) abgebildet, auf der das Melken einer Giftschlange beschrieben wird: "Mit sicherem Griff packt der Züchter die Schlange hinter dem Kopf und drückt seitlich auf die Kieferknochen …". In der Adressleiste des Browsers steht gut sichtbar die URL "http://www.schlangenfarm-deutschland.de/".

Die Adressangabe "http://www.schlangenfarm-deutschland.de/" im Schulbuch verleitet wahrscheinlich viele Kinder dazu, diese Adresse auch auszuprobieren.
Super! Danke, lieber Diesterweg-Verlag, dass Sie in ihren Schulbüchern Web-Adressen veröffentlichen, die dazu missbraucht werden, Kinder mit Reklame zuzumüllen – unter anderem wird auf www.schlangenfarm-deutschland.de für Dating und "free SMS" geworben. Ich kann ja froh sein, dass auf der Seite nicht schon direkt kostenpflichtige Klingeltonabos abgeschlossen werden können. Warum haben die verantwortlichen Autoren Gisela Buck, Siegfried Buck, Hannelore Daubert, Ingrid Messelken und Luitgard Schell nicht wenigstens die Domain reserviert, die sie da vieltausendfach unter die Kinder bringen! Stattdessen gehört www.schlangenfarm-deutschland.de (neben einem Sortiment aus passenden Tippfehlerdomains) nun Sori-Jotu Lait aus Hongkong, der sich über jedes Kind freut, das die Adresse aus dem Schulbuch in den Browser tippt und es in seiner Kasse klingeln lässt.

Die Autorenschar wirkt auf mich mit dieser Aktion genauso überfordert von den Realitäten des Internet, wie es Opa Knesebeck aus der wenig vorbildhaften Geschichte auf Seite 88 ist. Dem ist schließlich nichts besseres eingefallen, als den Computer, den er nicht begreift, mit einem Hammer zu zertrümmern, um sich besser zu fühlen.

Nachtrag (2009-12-03): Die Geschäftsführung der Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers GmbH hat heute zugesichert, die URL für die 2010 erscheinende nächste Auflage des Lesebuchs zu ändern. Herzlichen Dank nach Braunschweig!